Für
die Weihnachtstage bin ich mal wieder aus dem schönen warmen Alto Beni
nach La Paz gefahren, in die Höhe, rel. Kälte und man könnte
fast sagen Zivilisation. Einige unserer Vorgänger waren wohl fast jedes
2. Wochenende hier oben, aber uns gefällt es so gut in Sapecho, das wir
lieber dort bleiben und nur zu speziellen Anlässen hierher kommen. So einer
ist ja bekanntlich Weihnachten und deswegen will ich euch erstmal schöne
Feiertage und prinzipiell alles Gute wünschen. Lasst es euch gut gehen,
wir machen das auch hier, auch wenn die Weihnachtsstimmung noch etwas auf sich
warten lässt. Ich habe leider gar kein Foto von den mit Weihnachtskram
(ja, es ist wirklich viel kitschiger Kram dabei dabei) zugestellten Straßen,
auf denen fast kein Durchkommen ist, da ich heute ohne Kamera unterwegs war.
Natürlich gibt es auch hier Plastikweihnachtsbäume, bunt blinkende
Lichterketten, die auch noch chinesisch verfälschte Weihnachtslieder von
sich geben, Weihnachtsmänner in der Straße, die einem irgendwelche
Werbezettel andrehen wollen usw. Desweiteren gibt es im Moment sehr viele bettelnde
Kinder in den Straßen, von denen ich mich nicht erinnern kann, das sie
vorher schon hier waren. Ich schwanke immer zwischen etwas geben und einfach
weitergehen, die Entscheidung fällt dann meist zugunsten einiger alter
Mütterchen, die anscheinend ein schweres Leben hinter sich haben und nicht
viel vom bol. Staat an Rente oder sowas bekommen. Die Kinder haben noch ein
Leben vor sich, wenn sie zur Schule gehen würden, sogar ein besseres. Aber
das weiß man natürlich nicht, da auch gerade Ferien sind. Aber so
Gedanken kommen einem halt, wenn man aller 5m am Hosenbein gezupft wird.
Ich
muss ja noch einiges aus der letzten Zeit erzählen, es liegt ja schon einige
Zeit zurück, das ich mal wieder was aktuelles geschrieben habe. Hauptereigniss
war die Dorffiesta von Sapecho, zu Ehren des Dorfheiligen. Da ging es 4 Tage
zur Sache und die Leber wurde auf eine harte Probe gestellt. Aber es war eine
wunderschöne Fiesta, wir sind jetzt im ganzen Alto Beni als tanzende Gringos
bekannt und geschätzt und der soziale Teil unserer Arbeit (wie es Herbert
immer nennt) wurde heldenhaft übererfüllt. Nein Scherz beiseite, ich
habe bei dieser Fiesta bei den traditionellen Tänzen, in dem Fall "Morenada"
mitgetanzt und wurde von ganz vielen Leuten danach drauf angesprochen, das sie
unheimlich stolz und froh sind, das ein Gringo ihre Kultur so pflegt oder mitgestaltet
oder wie immer man das nennen mag. Die Bolivianer sind sowieso sehr stolz auf
ihre traditionellen Tänze, gestern war ich bei einer Rockband, die diese
Tänze mit in ihre ansonsten nach einer Mischung von Pearl Jam und Heroes
del Silencio klingende Musik eingebaut haben.
Da
ich nicht viel Zeit habe, weil das Weihnachtsessen vor der Tür steht, will
ich lieber einige Fotos sprechen lassen und dann im Januar weiterschreiben.
die
komplette Tanzgruppe
die
senoritas beim Einüben der Tanzschritte vorher.
und
die Herren beim Einüben, den Freitag vor der Fiesta
Der
Kostümmuffel Robert beim Tanzen in fremden Kleidern
die
Damen nochmal beim Tanz
und
die Herren auch nochmal
harte
Arbeit, die die Jungs da geleistet haben, die haben einige Stunden ununterbrochen
gespielt
und
alle nach dem Tanz nochmal, natürlich mit dem obligatorischen Bierkasten
im Vordergrund.
so
bis auf weiteres wars das erstmal, es gibt noch einige Bilder mehr und wenn
ich es auf die Reihe bekomme, auch Videos.
Also
der unten zu sehende Dorfheilige wird immer ein Jahr von einer bestimmten Familie
(wo ich allerdings nicht weiss, wie man die auswaehlt) sozusagen beschuetzt.
Einige Wochen vor der großen Fiesta zu seinen Ehren (11.November im Fall
von San Martin de los Porres, was der Heilige von Sapecho ist) wird eine Vorfeier
von der jeweiligen Familie organisiert, bei der es um die Auswahl der Taenze
und die Einschreibung der Tanzenden geht. "Eintritt" zu dieser Feier
sind volle Bierkaesten, die man am Eingang des Hofes postiert und wartet, bis
man von den Gastgebern hereingebeten wird. Die Bierkaesten werden registriert,
die Haelfte bekommt man hingestellt und die andere Haelfte geht an die Gastgeberfamilie,
die sie zur Abdeckung der Party-Kosten an Leute verkauft, denen die Haelfte
des mitgebrachten Bieres nicht reicht.Wir haben als Gruppe von 8 Leuten 3 Kästen
hingestellt, andere haben zu dritt 8 Kästen hingestellt. Dann bekommt man
auch reichlich zu essen und die Musik wird aufgedreht und es wird natuerlich
getanzt. Irgendwann wird dann der Tanz für die kommende große Fiesta
(Morenada in unserem Fall) und dann kommen die Gastgeber mit einer Liste rum,
in die man sich für die Tanzgruppen innerhalb des Blockes der Familie einschreiben
kann. Habe ich erst nicht gemacht, aber nach einer Weile habe ich mich dann
doch entschieden mitzutanzen (mit den Diplomanden, die wir hier kennengelernt
haben). Diese Fiesta, die ca. 5 Wochen vor der eigentlichen stattfand, war der
Anfang des Untergangs meiner Leber. Weil dann naemlich jedes Wochenende für
die große Fiesta geübt wurde. Und natuerlich immer reichlich Bier
fließt. Wir haben es letztendlich geschafft 5 Tanzschritte einzuüben,
die von dem Morenada-Grundschnitt abweichen. Letzter Übungstag war der
Freitag vor der großen Party, als schon die Band anwesend war und den
ich schon mit zu den 4 Tagen rechne, die die Party letztendlich gedauert hat.
Weiter oben die Fotos im Dunkeln sind noch davon, bevor mal wieder die Batterien
der Digitalkamera versagt haben.
Ja
und dann ging es Samstag Morgen los. Aufstellung gegen 12.00 Uhr, wir hinter
der Band, vorher noch schnell was gegessen. Dann geht irgendwann die Tanzerei
los und man marschiert tanzend durchs Dorf. Immer im Grundschritt und wenn die
beiden Vortänzer sich geeinigt haben, auch mal in einem unserer famosen
5 speziellen Schritte. Und natürlich vorneweg die Senoritas, die zu unserer
Gruppe gehören. Nach 2 Häuserblöcken (span: cuadras) dann die
erste Pause und der erste Kasten Bier. Dann wieder weiter, immer durchs Dorf,
an der Plaza vorbei, fast aus dem Dorf raus und auf der anderen Straße
wieder reins, noch einmal in Richtung Plaza und dort dann der große Einmarsch
vor dem Tisch mit dem Heiligen und den Gastgebern. Dort wurde dann natürlich
nochmal alles gegeben um einen möglichst guten Eindruck bei den Zuschauern
zu hinterlassen. Diesen kann man übrigens auch mit einem schweren Kostüm
erreichen, aber wir haben auf diese Ehre verzichtet und uns für die leichtere
Variante entschieden, weil wir ja auch noch den Rest der Party mitfeiern wollten.
Danach kamen die Poserfotos der Gruppe und irgendwann ging es dann im Hof der
Gastgeber weiter. Mit insgesamt 3 Bands, die sich abgewechselt haben und von
trad. bol. Tänzen (Morenada, Tinku, Severines, Caporales usw.) über
Salsa, Merengue bis hin zu Cumbia und Reggeaton, den aktuell angesagten modernen
Tänzen alles gespielt haben. Und die ganze Zeit gab es für die Tanzenden
Freibier, das die anderen Leute, die nicht öffentlich getanzt haben und
jetzt wieder das Spielchen mit den bierkästen als Eintritt machen müssen,
mitgebracht haben. Natürlich gibt es auch wieder Essen und noch diverse
Likörchen und Chicha, ein Gebräu aus Yucca und Mais. Man bekommt als
Gruppe ständig Bier und Becher hingestellt und irgendeiner aus der Gruppe
erbarmt sich dann der dürstenden Kehlen und verteilt immer einen Becher
Bier, immer der Reihe um. Man kann dem ganzen nicht entfliehen, auch wenn man
tanzt, kommt immer jemand durch die Reihen und verteilt Bier, die ganze Zeit.
Wenn man sich denkt, das man entfliehen kann, indem man selbst das Bier verteilt,
auch weit gefehlt, man wird dann immer von den Leuten gegeneingeladen. Man muss
also trinken, sonst wäre das unhöflich und eine Beleidigung. So, Samstag
ging die Party bis früh um 5.00 Uhr, dann habe ich ca. eine halbe Stunde
an einem Tisch geschlafen, da es gegen 7.00 Uhr schon wieder weiter ging. Es
gab nämlich noch einen Wettbewerb um die beste Tanzgruppe und der ging
um 8.00 Uhr los. Von unseren 12 Leuten waren 4 nicht anwesend oder sind erst
im Laufe des Vormittags mit dunklen Augenringen beim Tanzen eingetrudelt, so
das wir beim Vorbeitanzen am Richtertisch halbwegs vollzählig waren. Zwischendurch
habe ich noch bei der Pause jeglichen Alkohol abgelehnt, was große Empörung
hervorgerufen hat und die ich nur unter Versprechen, am Nachmittag mit der entsprechenden
Frau viel zu tanzen und noch mehr zu trinken abwehren konnte. Aber hätte
ich da einen Tropfen getrunken, hätte ich nicht weitertanzen können.
Nachdem der Einmarsch vorbei war, habe ich mich recht schnell verdrückt,
um ein paar Stunden in der Hängematte zu schlafen und meine verschwitzten
Klamotten mal zu wechseln. Nebenbei war Sonntag vormittag auch noch die Taufe
unseres Patenkindes, Armin ist jetzt kirchlicher Taufpate vom Kind unserer Empleada
und ich bin der Pate des sog. Rotuche. Das ist ein Zeremoniell, bei dem dem
Kind die Haare von den Freunden der Familie geschnitten werden und mit jedem
Haarbüschel wurde ein Geldschein und ein paar gute Wünsche in eine
Schüssel gelegt. Diese Fiesta war zum Glück erst am Abend, so das
ich nachmittags noch ein bisschen essen, tanzen und schlafen konnte. Ich weiss
nicht mehr, wann ich ins Bett gekommen bin, aber Armin war vor mir verschwunden.
Montag dann bis in den Mittag schlafen, an einer der unzähligen Fressbuden
was essen und wieder in den Hof der Gastfamilie zum Tanzen. Dort waren schon
fast alle mittelbetrunken und halten einem entsprechend öfters die Becher
hin, damit man auf ihren Pegel kommt. Wieder bis um 2.00 Uhr tanzen und dann
flüchten. Alles in allem also ab Freitag abend bis Montag abend Dauertrinken,
Tanzen und Fröhlich sein. Dienstag morgen hat 10 Min vor 6.00 uhr die Musik
auf der Plaza neben meinem Zimmer wieder in Diskolautstärke angefangen,
aber da war ich zum Glück schon wach, da wir ins Campo gefahren sind. So,
und jetzt noch ein paar Fotos:
Der
Dorfheilige und seine Schutzfamilie, Don Juan David Arapena und seine Frau Nelly
Arapena
Cynthia, die jüngste unserer Tänzerinnen
Lombrito,
einer unser 5 Tanzschritte
und
alle schoen im Gleichschritt
der
konkurrierende Tanzblock, Tinku oder Severin tanzend, ich als Gringo kann das
kaum auseinander halten
erschoepft,
aber gluecklich
und
dann kamen die obligatorischen jeder mit jedem Fotos (v.l.n.r.: Carmen, Cynthia,
Ernesto, Vicky, Romina und vorn die kleine Andrea)
im
Hintergrund Wilson und Romina und im Vordergrund posierend Vicky mit Alvaro
Ende Januar
noch ein paar
Bilder und ein bisschen Theorie von einer der schoensten und laengsten Party,
die ich bisher erlebt habe: