Samstag, 03.06.2006

Mal wieder Nachrichten aus Sapecho, dem Mittelpunkt des Alto Beni

Da ich morgen mal wieder nach La Paz fahre, um an einer Reunion des DED teilzunehmen, werde ich die Möglichkeit nutzen und mal wieder ein paar Berichte und Fotos hier aus Sapecho und einigen anderen Ecken Boliviens online zu stellen. Wie versprochen wollte ich ja ein bisschen über meinen kleinen Urlaub mit Franzi und Micha berichten, obwohl ich den Hauptteil der Zeit arbeiten musste. Aber wir haben es trotzdem geschafft, uns einige Sachen anzuschauen.

Nachdem ich die beiden kurz vor Ostern abgeholen lassen habe, da sich das Elektronenhirn unseres Autos bei der Hochfahrt verabschiedet hat, sind wir nur einen Tag in La Paz geblieben, damit die beiden sich von ihrem Flug erholen können und sind dann mal wieder zu Fuß in Richtung Alto Beni aufgebrochen, den Camino de Choro, den ich schonmal mit einer Kollegin und Freunden von ihr gegangen bin. Es ging auch wieder von 4.700m los, über den Pass auf 4.900m und dann kontinuierlich bergab, wenn man mal von 2 kleineren Steigungen zwischendurch von je 170m absieht. Damit wir etwas schneller unterwegs sind, haben wir den Hauptteil unseres Gepäcks und meine Einkäufe per Bus nach Sapecho geschickt, aber irgendwie waren unsere Rucksäcke trotzdem ziemlich voll. Ich habe ja leider mittlerweile so gut wie gar keine sportliche Kondition mehr, Franziske hat auch seit Monaten an ihrer Diplomarbeit gehockt, so das nur Micha, unser alter Sportler sozusagen auf der Höhe seiner Fitness gewesen war. Ich hatte Franzi ja eine Spaziergang-ähnliche Wanderung versprochen, was es leider in ihren Augen dann doch nicht war. Kann man mal sehen, wie unterschiedlich die Bewertungen sind. Wir sind leider auch ziemlich spät losgekommen und sind an der Mautstelle noch in einen ewig langen Stau geraten, zu dessen Auflösung die chaotischen Bolivianer nicht unbedingt beigetragen haben. Als sie nämlich gemerkt haben, das gerade (ungefähr 2 Minuten) keine Fahrzeuge auf der Gegenspur hochkommen, haben sie diese kurzerhand okkupiert und von den Polizisten verlangt auch am Schalterhäuschen der Gegenspur abgefertigt zu werden. Kann man ja noch verstehen, aber das ganze hat sich leider zu einer 3-spurigen Blockade entwickelt. Naja, egal gegen 11.15 Uhr sind wir dann doch vom Häuschen der Nationalparkwächter losgekommen und haben uns die Steigung zum Pass hochgekämpft. Also mittlerweile macht mir die Höhe echt zu schaffen, man merkt einfach den fehlenden Sport. Als wir irgendwann doch oben waren, hat uns auf der anderen Seite eine dicke Suppe aus Wolken empfangen und natürlich fing es auch an zu tröpfeln. Da ich aus Gewichtsgründen meine richtige Regenjacke nicht mithatte, musste ich mir eine Nylonplane umschnallen, aber das ging eigentlich ganz gut. Wir sind leider auch die ganze Zeit in einem Pulk von Jugendlichen gelaufen, es sollen 150 Leute an diesem Tag losgelaufen sein. Da wir auch ohne Zelt unterwegs waren und wie gesagt recht spät los sind, haben wir im ersten Dorf unser Nachtlager in einem Haus aufgeschlagen, was dafür dann am anderen Tag mehr Wandern hieß, um den nächsten Übernachtungspunkt zu erreichen. Und kalt war es da oben, mein Gott, ich zittere mittlerweile bei 15°C als ob es -15°C wären. Am nächsten Tag mussten wir wie gesagt einiges an Strecke zurücklegen, um zu einer Übernachtungsstell zu kommen. Und da ich die Größe der Stellen kannte, hatte ich immer die Angst wegen des Platzes im Hinterkopf (und die 150 anderen Leute), was auch nicht gerade zum Genuss der Strecke beigetragen hat. Franzi war ja mental durch meine "Beruhigungssprüche" auch eher auf Spaziergehen eingerichtet, so das die 12h, die wir an diesem Tag gelaufen sind, echt an ihr geknabbert haben. Aber sie hat es sehr tapfer durchgehalten und auch das Wetter hat uns halbwegs unterstützt und erst mit Schütten angefangen, als wir an besagtem Campingplatz waren. Dort war auch wirklich alles voller Zelte, nur unter einem Dach war noch Platz zum Schlafen. Echt Glück gehabt, leider mussten wir den Platz dann doch noch mit einigen anderen teilen, die noch später und bereits völlig durchnässt angekommen sind. Ich muss ehrlich sagen, das es diese 12h echt in sich hatten, Hut ab vor dem Franz. Da es dann die ganze Nacht geregnet hat und auch am nächsten Tag nicht aufhören wollte, sind wir halt im Regen losgelaufen und der hat uns dann die ganze Zeit begleitet. Die Schuhe waren irgendwann auch komplett durchnässt gewesen, so das es dann auch keinen Sinn mehr macht, den Pfützen ausweichen zu wollen, zumal das Gras daneben genauso naß war. Aber wir haben es letztendlich geschafft und als die letzte Kurve in Sicht kam, war die Freude entsprechend groß. Am selben Abend noch nach Coroico fahren, duschen, umziehen, essen gehen und ins Bett fallen. Das war unser Osterwochenende und Ostermontag begann dann ein kleine Odyssee mit den lokalen Transportmitteln, um nach Sapecho zu kommen. Der erste Bus hatte ein Kühlerproblem, sodaß wir beim fünften Halt dann in einen anderen Bus umgestiegen sind, um am selben Tag noch anzukommen. Von Sapecho ging es dann mehr oder weniger gleich weiter nach Rurrenabaque, diesmal mit unserem eigenen Auto. Und dann begann die Arbeit für mich und die Ferien für die beiden.

Unsere Franzi schwer beladen, kurz unterhalb des Passes.

Naja, Lamas halt. Hier oben so normal wie im Tiefland die Rinder.

reißende Bäche mussten überquert werden, aber zum Glück....

....gabs auch Brücken

Und die Franzi hätte ihn so gern mitgenommen, damit irgendjemand ihr Gepäck trägt.

Da lächeln auch noch beide, aber das ist ihnen später leider auch vergangen, da uns die Wolken im Hintergrund ziemlich zugesetzt haben.

So sieht ein Morgen aus, der nur Regen verheißt. Eigentlich ist es wunderschön, wenn man nicht da durch laufen müsste.

skeptische Blicke auf das, was da kommt, nämlich unser Bus:

So wie er das Wasser oben reingeschüttet hat, lief es unten aus dem Kühler wieder heraus, nach dem Gießkannenprinzip. Der gute Mann hat das ganze dann versucht, mit Seife abzudichten, was naja, leidlich gelang.

Sonntag, 4.6.06

Obrajes, La Paz, die Wohnung von Freunden vom DED

So, nach dieser kleinen, überhaupt nicht anstrengenden Wanderung ;-) sind wir ja nach Rurre gefahren und haben uns dort ein paar schöne Tage gemacht. Ich war im Campo unterwegs und die beiden haben gechillt. Nach 2 Wochen sind wir wieder hoch gefahren, um uns noch ein bisschen im Altiplano umzusehen. Eigentlich wollten wir zu den Salzseen um Uyuni, aber da die Busfahrer gerade mal wieder aus Solidarität mit den Besitzern der Busgesellschaften streikten, weil diese Bssitzer keine Rechnung mit ausgewiesener Mehrwertsteuer ausstellen wollen, ging das nicht. Es wäre für Wucherpreise mit Streikbrecherbussen gegangen (von den selben Gesellschaften angeboten, die eigentlich gerade streikten !!!), aber für so eine Unverfrorenheit hatte ich nur einige bolivianische Schimpfwörter übrig, die den Ticketverkäufer erstmal haben schlucken lassen. Doch kein doofer Touri, den man mal eben übern Tisch ziehen kann. Naja, also umdisponiert, etwas mehr in La Paz umgeschaut und dann letztendlich nach Tiwanuaku und zum Lago Titikaka gefahren. In Tiwanuaku sind leider nur einige der Bauten freigelegt, andere sind noch unter Schutt und Erde begraben, so das man gar nicht soviel sieht und schon ziemlich viel Vorstellungskraft braucht, um sich die Bedeutung dieser Tempelanlage aus der Vor-Inkazeit vorzustellen. Die aktuellen Ausgrabungen werden von Archäologiestudenten durchgeführt, weil der Staat kein Geld hat. Sehr schade drum. Eigentlich ist auch Fotografieren verboten, aber das entsprechende Schild haben wir mal geflissentlich überlesen. Aber vielleicht noch kurz was zur Kulturgeschichte: Tiwanuaku ist eine Kultstätte aus der Vor-Inkazeit der gleichnamigen damaligen Kultur, an der sowohl Opferrituale als auch astronomische Beobachtungen durchgeführt wurden. Die damalige Gesellschaft war ziemlich hoch entwickelt und ihre Macht basierte auf Bewässerungslandbau. Gegen 1200 n.Ch. kam aber der Niedergang der Kultur, man vermutet, durch Dürreperioden und Missernten durch Übernutzung der Böden. Der einstmals mächtige Staat zerfiel in einzelne Fürstentümer die dann eine leichte Beute für die aus dem Norden einfallenden Inkas wurden. Also das Inkareich war zum Beginn der Konquista erst ca. 200 Jahre alt, während Tiwanuaku bereits 700 v.Ch. in beträchtlichen Ausmaßen existierte. Ja, auch hier mal wieder ein paar Fotos:

im Hintergrund eines der bereits freigelegten Bauwerke, wir stehen noch auf einem Erdhügel, an gerade angefangen wurde zu buddeln:

so sieht das dann aus

Einer der Kultplätze. Man vermutet, das die Köpfe in der Wand entweder wichtige Familien oder soziale Schichten der damaligen Gesellschaft präsentieren.

Eine der gefundenen Statuen, ähnlich den Statuen auf der Osterinsel. Thor Heyerdhal hatte da ja so eine Idee, das Polynesien und die Osterinsel von Südamerika besiedelt wurde. Wenn man das so sieht, könnte er Recht haben. Im Hintergrund übrigens der angegrabene Hügel.

Im Hintergrund von Micha sind das Mond- und das Sonnentor zu sehen. Hier hat sich auch Evo Morales einen Tag vor seiner offiziellen Vereidigung in einer alten Inkazeremonie, ähem, ja was eigentlich, sowas wie taufen oder inaugurieren oder als neuer Inkaherrscher krönen lassen (ich weiß ehrlich gesagt nicht wirklich, was das für eine Zeremonie das dort konkret war).

Ja, dann waren wir wie gesagt auch noch am Titikakasee. Dort oben war es genau wie in Tiwanuaku vor allem eins: kalt. Ich war 4 Tage nur am Zittern, bis ich mir irgendwann einen Lamawollpullover gekauft habe. Der See an sich ist ziemlich beeindruckend, in der einen Richtung sieht man nicht den Horizont. Und die Landschaft drumherum ist zwar sehr karg, aber alles irgendwie mit kleinen Terrassenfeldern bestellt. Der See bietet ein angeblich rel. mildes Mikroklima, und natürlich bietet er Wasser für die Landwirtschaft. Copacabana an sich ist ein kleines nettes Städtchen, was sowohl von internationalen als auch nationalen Touristen lebt. Letztere kommen vor allem, um in und um die Kathedrale Segen für ihre neuen Autos zu erbitten, oder um kleine Miniaturhäuschen, -autochen, -geldscheinchen und so weiter auf dem Kalvarienberg rituell zu verbrennen und so die entsprechenden Gegenstände von einer Mischung aus dem katholischen Gott und der Pachamama der Inkas zu erbitten. Die internationalen Touris kommen vor allem, um auf der Isla del Sol zu trekken, einfach in der Stadt abzuhängen oder sind nur auf der Durchreise von Peru, was direkt hinter Copacabana anfängt. Wir haben uns dann auch zu einer kleinen Wanderung über die Isla del Sol entschieden, war ziemlich schick. Und diesmal war es wirklich nur eine kleine Wanderung. Im Hintergrund sieht man immer die Kordilleria Real, die bis auf knapp 6.000m hoch geht, ziemlich beeindruckend. Einen halben Tag haben wir uns noch ein Ruderboot ausgeliehen und haben uns auf dem spiegelnden Wasser ordentlich den Pelz verbrannt. Aber Franzi wollte unbedingt ihren weißen Körper für die Weibertour vorbräunen. War dann ein sehr rotes Braun.

Erstmal haben wir noch 2 Biker aus Dresden getroffen. Da wurde doch gleich ein bisschen Heimweh bei mir geweckt und außerdem natürlich die Sehnsucht nach meinem Motorrad, welches übrigens das selbe Modell wie das blaue ist. Also absolut fernreisetauglich und wenn ich wieder komme, ja dann ...

Der erste Abend am Lago Titikaka, beim Anstieg zum Kreuzberg.

3 lustige Wandersleut

Am östlichen Rand des Sees geht die Landschaft sofort in die Cordilleria Real über, mit Hügelchen bis zu 6.427m Höhe (Ancohuma in der Bildmitte, links daneben müsste der Illampu mit 6.368m Höhe sein)

jedes Fleckchen Erde wird kultiviert, hier meist mit Zwiebeln, Kartoffeln und einigen robusten Gemüsesorten

nochmal die Cordillerie, im Vordergrund die Isla de la Luna

Früher haben die Leute mit Schilfbooten aus dem Totoraschilf kleine Boote zum Fischen gebaut, eher Kajaks ähnlich. Der gute Thor Heyerdal hat das ganze aufgegriffen und versucht mit einem ähnlichem wie diesem Boot, der Ra von Afrika nach Amerika zu fahren, um zu beweisen, das bereits Kontakte zwischen den Kontinenten vor Kolumbus und sogar vor den Wikingern bestanden. Dazu hat er sich Bootsbauer aus Puno, Peru organisiert, die ihm so ein Teil in Nordafrika zusammengebaut haben.

Micha will wahrscheinlich irgendeiner der vielen evangelischen Sekten Konkurrenz machen.

und die Abschlussfahrt auf dem Lago, Frau am Steuer und Mann...

am entspannen und kontrollieren, wo die Käpt'n hinsteuert.

Unsere letzten Tage in La Paz haben wir noch genutzt, um ein bisschen den Touri raushängen zu lassen. Die beiden haben alle Tourimärkte der Stadt abgegrast, waren in Gassen, in die ich noch nie meinen Fuss gesetzt habe und haben einige Kilos an Souvenirs gekauft. Bis sie irgendwann die Schnauze voll hatten und wir noch einmal zu einem kleinen Abschiedsspaziergang zu einigen Hügeln über der Stadt aufgebrochen sind. Ich glaube, Franzi springt mir demnächst an die Gurgel, wenn ich das Wort Spaziergang erwähne. Und dann wollte ich sie eigentlich zum Flieger bringen, aber um 5.00 Uhr morgens das Hotel verlassen, um zum Flieger zu kommen, war mir dann doch zu kalt und vor allem zu früh. Deshalb gibt es gar kein Abschiedsbild.

Der Süden des Molochs La Paz, vom Aufstieg zum Muela del Diablo (Backenzahn des Teufels) aus gesehen

das sind alles nur Kieselsteine und Schlamm und bei jedem Regen bricht ein Stück davon ab bzw. wird weggeschwemmt. Mal sehen, wie lange das noch so da in der Gegend rumsteht.

ich weiß nicht, wieso er so böse guckt, ich habe ihm nix getan

und ich schau ja sowies immer skeptisch auf Fotos.

Und zum Abschluss die Franzi vor meinem neuen Kletterhausfelsen, dem Backenzahn des Teufels. Ja, vorletzte Woche habe ich die Klettersaison eröffnet. Nicht an diesem Felsen, etwas unterhalb im Tal und nur 3 kleine Wege, aber für den Saisonauftakt waren die 5c, 6a und 6c nach frz. Skala ein guter Einstieg.

So, daß wars erst mal wieder. Bis bald.

irgendwann demnächst mal vielleicht Seite 7>>